In einer unseren früheren Ausgaben vertieften wir das Thema der korrekten Verwaltung des Lagerbestands oder Inventars , während wir uns in der Folge mit den verschiedenen Typen von Lagerbeständen bzw. der Klassifizierung von Inventar beschäftigen möchten, um festzustellen, welcher dabei für die Lagerlogistik jeden Unternehmens am besten geeignet ist.
Was ein Bestand und welche Bedeutung hat er für das Unternehmen?
Der englische Begriff Stock, zu Deutsch auch Bestand oder Inventar bezeichnet die Gesamtheit oder Menge der Produkte, die ein Unternehmen gelagert hat. Dabei können sowohl Rohstoffe als auch fertige Produkte zum Bestand gezählt werden, sofern diese Materialen für ihren Verbrauch in der Herstellung oder den endgültigen Verkauf bestimmt sind und gelagert werden.
Es muss davon ausgegangen werden, dass die Bestände eine Investition für das Unternehmen bedeuten, die geleistet wurde, um die Nachfrage oder die notwenigen Produktionsbedürfnisse befriedigen und einen normalen Betrieb abwickeln zu können.
Wie es bei allen Investitionen der Fall ist, wird auch vom Lagerbestand erwartet, künftig eine wirtschaftliche Leistung zu erzielen, weshalb die Entscheidungen für die angemessene Menge an Lagerbestand und die Auswahl des Lagermanagementsystems von wesentlicher Bedeutung zum Erreichen der Unternehmensziele sind.
Das große Dilemma: Wie wird ein angemessener Bestand bestimmt?
Auf die Frage, wie die richtige Menge an Beständen oder Inventar definiert werden kann, gibt es eine einfache Lösung, deren Umsetzung aber wesentlich komplexer ausfällt.
Die korrekte Menge an Beständen muss immer auch die für das Unternehmen rentabelste sein und diese Menge lässt sich im Allgemeinen dadurch bestimmen, dass die Befriedigung der internen oder externen Nachfrage (nach Rohmaterial bzw. Endprodukt) immer vollständig gewährleistet ist, ohne dabei einen Überschuss an Lagerbeständern hervorzurufen.
Die ideale Situation würde bedeuten, immer über die gerade erforderlichen Lagerbestände zu verfügen, um alle Nachfragen zu befriedigen, ohne einen Bestandsüberschuss zu verursachen, der die Rentabilität einschränken würde. In der Wirklichkeit der Logistik ist diese Situation jedoch praktisch unmöglich, da es sich als äußerst schwierig erweist, am Lager solch ein komplexes Gleichgewicht aufrecht zu erhalten.
Um sich dieser Idealsituation so gut wie möglich anzunähern, muss ein ultraeffizientes Lieferantennetz zur Verfügung stehen, das in der Lage ist, die jeweiligen Nachfragen in kürzester Zeit und mithilfe einer perfekt funktionierenden Lieferkette bedienen zu können. Es erfordert außerdem sehr präzise Vorhersagen über den Jahresbedarf.
Eines der größten Risiken eines ungenügend bemessenen Lagerbestands ist, in die Sitation eines Fehlbestands zu geraten, was bedeuten würde, nicht über genügend Bestände zu verfügen, um die Nachfrage bedienen zu können. Das würde neben den wirtschaftlichen Verlusten wegen der nicht ausgeführten Lieferungen auch große Probleme mit den Vertriebspartnern und Kunden mit sich bringen, sowie einen deutlichen Einbruch in das künftige Vertrauensverhältnis.
Die richtig bemessenen Lagerbestände können für verschiedene Unternehmen absolut verschieden ausfallen, sogar innerhalb des gleichen Sektors, weshalb es wichtig ist, die verschiedenen Typen von existierenden Lagerbeständen und ihre Klassifizierung genau zu kennen.
Typen und Klassifizierung von Lagerbestand (Inventar)
Es gibt verschiedene Formen, um die unterschiedlichen Arten von Lagerbeständen zu klassifizieren und zu organisieren und die hängen jeweils von der Einschätzung des Unternehmenstyps, dem vorhandenen Raum und dem Lagersystem ab.
Die gebräuchlichsten Kategorien zur Klassifizierung des Lagerbestands erfolgen in Hinsicht auf das Ablaufdatum, die Funktionalität und auf operative Kriterien.
Bestandshaltung nach Ablaufdatum:
Dies ist die einfachste der drei Klassifizierungsmethoden, bei der die Produkte in drei Gruppen unterteilt werden, von denen sich zwei sehr ähneln.
Unverderblicher Bestand
Zum nicht verderblichen Bestand zählen Produkte und Material, deren Zustand sich im Laufe der Zeit nicht verschlechtert und die deshalb längere Lagerungszeiten durchlaufen können, ohne ihre ursprünglichen Eigenschaften zu verlieren. Ein Überschuss an diesen Beständen ist deshalb nicht weiter besorgniserregend.
Verderblicher Bestand
Als verderblich eingestufte Produkte bezeichnet man die, deren Zusammensetzung oder Zustand schnell eine Verschlechterung erleiden kann und die dadurch ihre ursprünglichen Charakteristika einbüßen. Die Bestandshaltung von verderblichen Produkten erweist sich als ziemlich komplex, da jede Verspätung oder jeder Fehler bei der Bestandshaltung zu Unbrauchbarkeit der Bestände und somit zu großen Verlusten führen kann.
Bestand mit Ablaufdatum
Der Bestand mit Ablaufdatum kann auch den verderblichen Bestand umfassen, da auch viele dieser Produkte ein Verfallsdatum zu Ihrem Gebrauch oder Verzehr aufweisen.
Außerdem fallen in diese Gruppe alle Materialien, die eine Frist für ihren ordnungsgemäßen Gebrauch aufweisen, obwohl sie mit der Zeit nicht verderben.
Bestandshaltung nach Funktionalität:
Zyklischer Bestand:
Der zyklische oder aktive Bestand besteht aus jenen Artikeln, die ein Unternehmen in den verschiedenen Lagerzonen vorrätig haben muss, um die gewöhnliche Nachfrage der Kunden oder Vertriebspartner über einen langen Zeitraum hinweg erfüllen zu können.
Mindestbestand:
Der Mindestbestand entspricht der Mindestmenge an Produkten, die ein Unternehmen verfügbar halten muss, ohne Gefahr zu laufen in Fehlbestände zu geraten. In dem Moment, wo ein Unternehmen in seinen industriellen Regalen nur noch diesen Mindestbestand eines Produkts vorrätig hat, muss eine entsprechende Neubestellung aufgegeben werden, um den Lagerbestand für dieses Produkt aufzufüllen.
Maximalbestand:
Im Gegensatz zum Mindestbestand entspricht der Maximalbestand der Menge an gelagerten Beständen, die nicht überschritten werden darf, also der Höchstgrenze. Diese kann im Hinblick auf die Produktnachfrage, den vorhandenen Raum oder die Lagerkapazität der Metallregale definiert werden.
Sicherheitsbestand:
Der Sicherheitsbestand weist Gemeinsamkeiten mit dem Mindestbestand auf, da auch hier eine Mindestmenge definiert wird, die vorhanden sein muss, um auf unvorhersehbare Umstände wie Verzögerungen reagieren und der Situation von Fehlbeständen vorbeugen zu können.
Zwischenlagerbestand:
Der Zwischenlagerbestand umfasst die Produkte, die an interne Prozesse des Unternehmens gebunden sind, wie an den Herstellungsprozess, Verpackung, Expedition, Warenannahme, etc.
Saisonaler Bestand:
Wir sprechen von saisonalem Bestand im Zusammenhang mit Waren, deren Nachfrage zu bestimmten Jahreszeiten zu Auftragsspitzen führt. Eines der besten Beispiele dafür ist die Vorweihnachtszeit, während der viele Unternehmen ihre Lagerbestände diesen besonderen Konsumgewohnheiten anpassen müssen.
Recycle Bestand:
Der Recycle Bestand besteht aus Produkten mit „einem zweiten Leben“, was bedeutet, dass sie wegen ihrer Eigenschaften teilweise oder in ihrer Gesamtheit wiederverwertet werden können. Es handelt sich hier um Bestände, die bereits das Unternehmen verlassen haben und deshalb nicht mehr zu dem Lagerbestand zählen. Der Recycle Bestand steht im Zusammenhang mit dem Konzept der rückführenden Logistik.
Inaktiver Bestand:
Der inaktive Bestand bezieht sich auf das Inventar von veralteten Waren, die weder vertrieben noch wiederverwertet werden können und deshalb aus dem Lager entfernt werden müssen. Ein Überschuss an verderblichen Waren könnte beispielsweise zu einem sogenannten inaktiven Bestand führen.
Spekulationsbestand:
Ein Spekulationsbestand liegt vor, wenn eine größere Mengen an Bestand akkumuliert wird als für den normalen Lagerbetrieb benötigt wird, angesichts spekulativer Prognosen, die besagen, dass der Verkauf oder der Preis bestimmter Produkte in der nahen Zukunft steigen wird, um so Nutzen aus dieser Situation zu ziehen.
Bestandshaltung nach operativen Aspekten:
Bei dieser Klassifizierung des Inventars steht der tägliche Betrieb eines Lagers im Mittelpunkt.
Optimalbestand:
Wie schon erwähnt zeichnen sich optimale oder adäquate Bestände dadurch aus, dass sie dem Unternehmen eine optimale Rentabilität einbringen, d.h. der Bestand befindet sich im perfekten Gleichgewicht zwischen einer befriedigten Nachfrage und der maximalen Reduzierung der Lagerhaltungskosten.
Reservierter Bestand:
Der reservierte Bestand entspricht der Menge an gelagerten Produkten, die für das Lagermanagementsystem Just In Time (JIT) benötigt werden, welches sich dadurch auszeichnet, dass jeweils nur zur Befriedigung der Nachfrage für eine laufende Bestellung gelagert wird, wodurch die Lagerbestände extrem niedrig gehalten werden. Diese Art von Bestand ist typisch für den Sektor der Autoindustrie.
Physischer Bestand:
Der physische Bestand bezeichnet die Menge an Beständen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt tatsächlich im Lager verfügbar sind.
Nettobestand:
Ein Nettobestand liegt vor, wenn von dem vorhandenen Bestand oder Inventar am Lager die noch nicht befriedigten Bestellungen abgezogen werden.
Verfügbarer Bestand:
Der verfügbare Bestand berechnet sich aus dem physisch im Lager vorhandenen Bestand zuzüglich der zu lagernden Produkte für die laufenden Lieferantenaufträge, aber abzüglich des Bestands der noch nicht ausgelieferten Bestellungen.